Sterntagebücher

SterntagebücherZwar sind Ijon Tichy, dem kosmischen Globetrotter, weder in der Zeit noch im Raum Grenzen gesetzt, dennoch mag es seltsam anmuten, wenn der Verfasser der Sterntagebücher den gedankenlösen Touristen von der Erde die Leviten liest, weil sie mit ihrem Müll das Weltall verseuchen. Doch die Sorge um solch eher abgelegene Probleme der Weltraumfahrt gehört ebenso zum Persönlichkeitsbild des bedeutenden Sternreisenden wie der unermüdliche Forscherdrang, der ihn mit seiner Rakete in immer neue und abgelegenere Distrikte der Galaxis treibt. Die Aufzeichnungen über die Entdeckungen und Erkenntnisse Ijon Tichys, aber auch über die von ihm auf seinen Reisen bestandenen Gefahren der Nachwelt wenigstens teilweise zugänglich gemacht zu haben  ist das Verdienst Professor Tarantogas, der den riesigen Nachlaß des auf tragische Weise Entschwundenen gesichtet und auf den letzten Stand gebracht hat..

Beitragsseiten

(...) also fuhr ich dort hinauf, und durch eine Tür mit der Aufschrift Nur nach Voranmeldung gelangte ich in ein Untersekretariat, das augenblicklich leer war, von dort durch eine Seitentür mit der Aufschrift Klopfen in einen Saal voller trocknender Mobilmachungspläne, und hier stand ich vor einem Problem, denn zwei Türen führten weiter - die eine mit einem Täfelchen: Nur für Ba-lanceure — die andere mit einem: Kein Durchgang. Nach einigem Nachdenken öffnete ich die zweite, und es zeigte sich, daß ich gut daran getan hatte, denn ich befand mich nun in dem Sekretariat des Oberbefehlshabers, des Kommanderais Kashenblade. Da ich durch diese Tür kam, fragte mich der diensthabende Offizier nach gar nichts, sondern führte mich ohne weiteres zum Chef.

Auch hier zitterte in der Luft ein sanftes, gläsernes Klingen. Kashenblade rührte in einem Glas Tee. Er war ein gewaltiger, kahler Greis. Sein Gesicht mit schlaffen Wangen, die wie Schürzen herabhingen, und mit faltiger Haut unterm Kinn, ruhte auf den Uniformaufschlägen mit Abzeichen von galaktischen Symbolen. Auf dem Schreibtisch vor ihm standen Telephonapparate in zwei Reihen, zu deren Seite Nachrichtenapparate, in der Mitte aber - Glasbehälter mit Etiketten der verschiedenen Exemplare, doch außer dem Spiritus konnte ich nichts weiter darin sehen. Er hatte eine Glatze voll geschwollener Adern. Er war damit beschäftigt, auf verschiedene Knöpfe zu drücken, was zur Folge hatte, daß die sich jeweils mit einem Klingelzeichen meldenden Telephonapparate verstummten. Meldeten sie sich mehrmals, so schlug er mit der Faust auf die ganze Klaviatur, so auch bei meinem Anblick. Eine Stille folgte, in der er eine Weile mit dem Teelöffel klimperte.
»Ah, Sie sind es«, bemerkte er. Seine Stimme war gewaltig. »Zu Befehl, ich bin es«, erwiderte ich.
»Warten Sie — sagen Sie nichts —, ich habe schon mein Gedächtnis«, murmelte er, mich unter seinen buschig herabhängenden Brauen anschauend. »X 27, Retranspulsion kontra stellarische Cygnis Eps, he?« »Nein«, sagte ich. »Nein? Ah! Na! Bau Mobilatrynx, B -Ku K- einundachtzig, Komma, Unternehmen Schlammbutt? Bi, wie Bipro-poda?«
»Nein«, sagte ich und versuchte, ihm meine Vorladung unter die Augen zu schieben, doch er wies sie unwillig von sich.
»Nnnein ...?« sagte er murrend. Er sah sich in seinem Stolz gekränkt und wurde nachdenklich. Er rührte in seinem Teeglas. Ein Telephon klingelte. Er erstickte es mit der Gebärde eines Löwen.
»Ein Plastikaler?« schleuderte er mir ins Gesicht. »Ich?« sagte ich erstaunt. »Nein, vielmehr ein — Gewöhnlicher .. .« Kashenblade erstickte mit einem Hieb die seit einer Weile lärmenden Telephone und schaute mich noch einmal an.