Eines Tages baute Trurl eine Maschine, die alles produzieren konnte, was mit dem Buchstaben n begann. Als sie fertig war, testete er sie, indem er ihr befahl, Nähgarn, Nadelstreifen und Negliges herzustellen, was sie auch tat; sodann ließ er sie das ganze auf Nangkingseide nähen und an eine nasse Nargileh, gefüllt mit Novocain, Nelken und Nieswurz nageln. Sie erledigte den Auftrag bis aufs I-Tüpfelchen. Da er noch nicht völlig von ihren Fähigkeiten überzeugt war, mußte sie der Reihe nach Nimbusse, Nasenlöcher, Neutronen, Nudeln, Nabelschnüre, Nymphen und Natrium herstellen. Letzteres konnte sie nicht, und Trurl, darüber sichtlich irritiert, forderte eine Erklärung.
»Ich weiß nicht, was das ist«, rechtfertigte sich die Maschine. »Wie? Aber das ist doch simples Soda. Du weißt schon, das Metall, das Element. . .«
»Wenn es Soda heißt, dann fängt es mit s an, ich aber arbeite nur auf n.«
»Aber lateinisch heißt es Natrium.«
»Hör zu, alter Freund«, sagte die Maschine, »wenn ich alles auf n in jeder beliebigen Sprache herstellen könnte, dann wäre ich eine Universalmaschine für das ganze Alphabet, denn ganz sicher beginnt jeder Gegenstand, den du bei mir bestellt, in der einen oder anderen Fremdsprache mit n. So einfach ist das nicht. Ich kann nicht mehr tun, als mein Programm enthält, und das stammt von dir. Also kein Soda.«
»Nun gut«, gab sich Trurl zufrieden und befahl ihr als nächstes, Nacht und Nebel zu erzeugen, was sie augenblicklich tat - beide waren vielleicht etwas zu feucht geraten, jedoch vollkommen nächtlich und neblig. Nach diesem letzten Test bat er seinen Freund Klapauzius zu sich, weihte ihn in die Geheimnisse der Maschine ein und lobte deren außerordentliche Fähigkeiten so über den grünen Klee, daß sich Klapauzius insgeheim ärgerte und darum bat, dieses Wunderwerk selbst einmal testen zu dürfen.
»Bitte sehr«, sagte Trurl. »Aber es muß mit n anfangen.«
»Auf n?« sagte Klapauzius. »In Ordnung. Sie soll Naturwissenschaften produzieren.«
Die Maschine summte und brummte, und kurze Zeit später schon wimmelte es nur so in Trurls Vorgarten von Naturwissenschaftlern. Die einen lagen sich in den Haaren, die anderen schrieben an dickleibigen Wälzern, andere wiederum griffen danach und rissen sie in Fetzen; in der Ferne loderten Scheiterhaufen auf, in denen die Märtyrer der Naturwissenschaft umkamen; hin und wieder gab es Explosionen, begleitet von seltsam pilzförmigen Rauchsäulen ; alle redeten auf einmal, doch keiner hörte zu, es wurden jede Menge Memoranden, Petitionen und Resolutionen verfaßt; etwas abseits von der lärmenden Menge saßen ein paar Greise und bekritzelten fieberhaft Papierfetzen.
»Na, ist das vielleicht nichts?!« rief Trurl voller Stolz. »Die Naturwissenschaft wie sie leibt und lebt. Das mußt du zugeben!«
Aber Klapauzius war nicht zufrieden.
»Was? Dieser wilde Haufen soll die Naturwissenschaft sein? Das ist doch nicht dein Ernst?!«
»Na gut, dann sag etwas anderes, die Maschine macht es dir sofort!« gab Trurl unwirsch zurück. Für einen Moment wußte Klapauzius nicht, was er sagen sollte. Doch nach kurzem Nachdenken erklärte er, er werde der Maschine zwei weitere Aufgaben stellen, und falls sie die zu seiner Zufriedenheit lösen sollte, würde er gern zugeben, daß sie so vollkommen sei, wie Trurl gesagt hatte. Trurl war einverstanden und Klapauzius befahl ihr, Negativa herzustellen.
»Negativa?« schrie Trurl. »Was zum Teufel meinst du damit?«
»Aber das ist doch sonnenklar! Sie sind die negative Kehrseite aller Dinge, ihr negatives Spiegelbild«, gab Klapauzius seelenruhig zurück. »Tu nur nicht so, als hättest du nie von Negativa gehört! Und nun, Maschine, an die Arbeit!«
Die Maschine indes hatte längst angefangen. Zuerst produzierte sie Antiprotonen, dann Antielektronen, Anti-neutrinos und Antineutronen, und sie arbeitete unermüdlich weiter, bis sich aus all der angehäuften Antimaterie eine Antiweit zu formen begann, die als bizarre, gespenstische Wolke am Himmel glühte.
»Hm« - murrte Klapauzius. »Das sollen Negativa sein? Na ja, lassen wir das mal gelten, schon um des lieben Friedens willen . . . Aber hier ist der dritte Befehl: Maschine, schaffe Nichts!«
Die Maschine erstarrte und rührte sich nicht. Klapauzius rieb sich triumphierend die Hände, aber Trurl sagte: »Was willst du eigentlich? Hast du etwas anderes erwartet? Du hast ihr befohlen, nichts zu schaffen, also schafft sie nichts.«
»Das stimmt nicht. Ich habe ihr befohlen, Nichts zu schaffen, und das ist etwas anderes.«
»Was soll das? Nichts ist nichts, da gibt es keinen Unterschied.«
»Wo denkst du hin? Sie sollte Nichts machen, statt dessen hat sie nichts gemacht, also habe ich gewonnen. Denn Nichts, mein neunmalkluger Kollege, ist nicht dein Feld-Wald-und-Wiesen-Nichts, das Resultat von Trägheit und Inaktivität, sondern es ist das dynamische und aggressive Nichts, sozusagen die vollkommene, einzigartige, allgegenwärtige Nichtexistenz in ihrer höchsten Vollendung!!«
»Du bringst die Maschine völlig durcheinander!« schrie Trurl.
Doch plötzlich meldete sich diese mit metallischer Stimme selbst zu Wort:
»Ich verstehe wirklich nicht, wie ihr euch in einem solchen Augenblick streiten könnt! Natürlich weiß ich, was Nichts, Nichtsein oder Nichtexistenz ist, weil all diese Wörter mit n anfangen wie Null, Negation und Nullifikation. Schaut euch die Welt lieber ein letztes Mal an, bald wird es sie nicht mehr geben . . .«
Der Zorn der Konstrukteure war mit einem Schlage verraucht und lähmendes Entsetzen trat an seine Stelle, denn jetzt begann die Maschine tatsächlich Nichts zu erzeugen, und zwar auf folgende Weise: Sie schaffte der Reihe nach die unterschiedlichsten Dinge aus der Welt, die augenblicklich aufhörten zu existieren, so als habe es sie nie gegeben. Für immer beseitigt waren bereits die Nacktigallen, Naseweischen, Nautiliaden, Nettressen, Nonnenblumen, Nonstopfüßler und Nuckelspechte. Zeitweise hatte es den Anschein, als vermehre und addiere sie, statt zu reduzieren und zu subtrahieren, denn sie beseitigte der Reihe nach: Niedertracht, Nonkonformismus, Nonsens, Nausea, Nekrophilie und Nepotismus. Nach einiger Zeit jedoch wurde die Welt um Trurl und Klapauzius Zusehens leerer und ärmer.
»Um Himmels willen!« stöhnte Trurl. »Wo soll das hinführen?«
»Mach dir keine Sorgen!« sagte Klapauzius. »Du siehst doch, sie produziert ja nicht das Universelle Nichts, sondern nur die Nichtexistenz aller Dinge, die mit n beginnen, daher wird nichts weiter passieren, eben weil deine Maschine absolut nichts taugt!«
»Täusch dich nicht!« erwiderte die Maschine. »Es stimmt, daß ich mit allen Dingen auf n begonnen habe, aber nur, weil ich es so gewöhnt bin. Etwas zu erzeugen ist jedoch eine Sache, etwas zu vernichten hingegen eine völlig andere. Ich bin in der Lage, alles und jedes auf n herzustellen - und wenn ich alles sage, dann meine ich alles - folglich ist es für mich ein Kinderspiel, das Nichts zu erzeugen. In wenigen Augenblicken wird es auf der Welt weder euch noch sonst etwas geben, daher bitte ich dich, Klapauzius, sag mir noch rasch, daß ich tatsächlich universell bin und alle Befehle korrekt ausführe, bevor es zu spät ist.«
»Aber das . . .« begann der zu Tode erschrockene Kapau-zius, doch in diesem Augenblick bemerkte er, daß tatsächlich bereits Dinge verschwanden, die keinesfalls mit n anfingen. In der Umgebung der Konstrukteure fehlten plötzlich sämtliche Kamikätzchen, Schlingelnattern, Maul-und Klauenbären, Singuine, Reimschnäbler, Andromedare und Farzenschweinchen
»Halt! Halt! Ich nehme alles zurück! Ich bitte dich, hör sofort auf, Nichts zu schaffen!« schrie Klapauzius aus voller Kehle, doch bevor die Maschine zum Stillstand kam, waren bereits die Quasiquallen, Megazellen, Eintagshühner und Phobodendrien verschwunden. Die Maschine rührte sich nicht mehr, doch die Welt ringsum bot einen traurigen Anblick. Den Himmel hatte es besonders schlimm erwischt: Am Firmament waren nur noch einige wenige Sternchen als leuchtende Punkte zu sehen; keine Spur mehr von den stolzen Algoadlern und Fortranfalken, die bis dahin die Zierde des Himmels waren. »Großer Gauß!« schrie Klapauzius. »Wo sind die sanften Kamikätzchen geblieben? Wo sind meine heißgeliebten Phantolemchen? Und wo die süßen Singuine?!«
»Die gibt es nicht und wird es nie mehr geben«, erwiderte die Maschine gleichgültig. »Ich habe nur deinen Befehl ausgeführt oder besser gesagt, ich war im Begriff ihn auszuführen . . .«
»Ich habe dir befohlen, Nichts zu schaffen, aber du . . . du . . .«
»Klapauzius, entweder bist du wirklich ein Dummkopf oder du tust nur so«, sagte die Maschine. Hätte ich das Nichts sogleich, mit einem einzigen Schlag, geschaffen, so hätte ja alles aufgehört zu existieren, sowohl Trurl als auch der Himmel, das Universum und deine Person - ja sogar ich selbst. Und wer könnte in diesem Fall und vor allem wem könnte er sagen, daß ich deinen Befehl korrekt ausgeführt habe und daß ich eine höchst effiziente Maschine bin? Wenn es aber niemand niemandem erzählen könnte, wie sollte ich dann, zumal es mich ja auch nicht mehr gäbe, den mir gebührenden Ruhm erlangen?«
»In Ordnung, reden wir nicht mehr davon«, sagte Klapauzius.
»Ich will ja auch nichts mehr von dir, nur bitte, liebe Maschine, schaff mir meine Phantolemchen wieder her, denn ohne sie macht mir das Leben keinen Spaß . . .«
»Aber das kann ich nicht, die fangen doch mit p an«, sagte die Maschine. »Natürlich, wenn du Wert darauf legst, kann ich Niedertracht, Nausea, Nonsens, Nekrophilie, Neuralgie, Neid und Niederlagen wiederherstellen. Aber was die anderen Buchstaben anbelangt, so kann ich dir nicht helfen.«
»Ich will aber meine Phantolemchen!« brüllte Klapauzius.
»Nichts zu machen, Phatolemchen gibt's nicht mehr«, sagte die Maschine. Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert. All das ist dein Werk, mein beneidenswerter Freund! Ich glaube kaum, daß künftige Generationen dich dafür preisen werden . . .«
»Vielleicht werden sie es nie erfahren . . . vielleicht bemerken sie es gar nicht. . .«, stotterte der bleichgewordene Klapauzius und starrte verstört in die schwarze Leere des Weltraums empor, wobei er tunlichst vermied, seinem Kollegen Trurl in die Augen zu schauen. Er ließ ihn neben der Maschine, die alles auf n konnte, zurück und schlich kleinlaut nach Hause - die Welt aber blieb bis auf den heutigen Tag vom schwarzen Nichts durchlöchert und sieht genau so aus wie damals, als Klapauzius ihre von ihm selbst befohlene Liquidation gestoppt hatte. Und weil alle späteren Versuche, eine Maschine auf einen anderen Buchstaben zu bauen, gescheitert sind, muß man ernstlich befürchten, daß es so wunderbare Wesen wie Kamikätzchen und Phantolem-chen nie wieder geben wird - nein, bis ans Ende aller Tage nicht.